Ilse Bindseil

Frühe Erzählungen

Zum Inhaltsverzeichnis


Gerettet

Ich bin Ingenieur. Meine Ausbildung habe ich hier in der Stadt gemacht, in der ich aufgewachsen bin. Gleich nach dem Examen bekam ich zusammen mit etlichen Kommilitonen aus dem gleichen Semester eine Stelle beim Tiefbauamt. Qualifizierte Arbeitskräfte wurden gebraucht. Der Trend ging auf Expansion. Erst vor ein paar Jahren war die Stadt aus ihrem Dornröschenschlaf aufgewacht. Neue Industrien hatten Arbeitskräfte angelockt. Der Anschluß ans Autobahnnetz hatte weitere Industrieansiedlungen gebracht. Junge Leute um die Zwanzig und Dreißig beherrschten das Straßenbild. es ging uns gut. Wir hatten keinen brennenden Ehrgeiz, der uns die Laune verdarb, und es gab wenige, denen es schlechtging; uns fielen sie, ehrlich gesagt, gar nicht auf.

Gleich eine der allerersten Arbeiten, zu denen wir herangezogen wurden, war äußerst heikel. Die supermoderne Wohnstadt, die sie in den letzten Jahren aus dem Boden gestampft hatten, war in den Verdacht geraten, auf unsicherem Grund zu stehen. Das Tiefbauamt selbst sollte schlampig gearbeitet haben. Nichts sollte an die große Glocke gehängt, alles möglichst im geheimen geprüft werden. Da aber der Vorfall in seiner Größenordnung einzigartig war, waren nicht nur Erfahrung, Vertrauenswürdigkeit, sondern ebenso modernste Kenntnisse und Methoden, ja eine gewisse Risikobereitschaft gefragt. Und so wurden auch die Neulinge, frischgebackene Ingenieure und Absolventen der Technischen Universität, von Anfang an hinzugezogen.

Wir gingen unbekümmert zu Werk, gruben, wo es uns paßte, ließen uns von niemandem hineinreden und verjubelten abends unser Geld in der Stadt. Wir hatten eine interessante und aufregende Arbeit. Wir hatten teil am Aufstieg der Stadt, am Wohlstand für alle. Wir waren geachtet und beliebt. Wir waren zufrieden.

Die Wohnstadt war praktisch untertunnelt. Tiefgaragen, das Röhrensystem der Fernheizung und Abwässerbeseitigung sowie zwei immense Zivilschutzbunker, die nur je zwei kleine Ein- und Ausgänge wie bei einem U-Bahnhof hatten, machten, daß sie buchstäblich in der Luft stand. Wir installierten uns unterirdisch, in den untersten Geschossen der Tiefgaragen und Bunker, und gruben uns weiter in die Tiefe vor. Die Ergebnisse waren wenig signifikant. Freilich gab es erhebliche Unsicherheitsfaktoren, und wenn man sich darein vertiefte, konnte man schon ins Grübeln kommen. In unserer Büchergelehrsamkeit waren wir uns aber einig, daß es diese Unsicherheitsfaktoren im Grunde überall gab.

Wenn man danach ginge, sagte ein Kollege, dann dürfte man überhaupt nicht mehr bauen, und wir gaben ihm recht.

Dennoch war das Risiko beträchtlich. Zumindest in diesem Fall, wo der Verdacht aufgetaucht war, mußte man versuchen, die Untersuchungen so schnell wie möglich voranzutreiben und zu einem Urteil zu kommen, wie gefährlich eigentlich auf dem morastigen Grund das Bauen war.

Ich erinnere mich an den Unglückstag. Es war kurz vor Feierabend gewesen. Wir hatten unser Arbeitszeug, soweit wir es nicht einfach stehenließen, zusammengepackt und noch einen Erkundungsgang tief hinein in einen der kleineren Tunnel gemacht, als ein Donnern begann, bei dem die Älteren von uns sich sogleich an die Bombennächte ihrer Kindheit erinnerten, und wir Jüngeren, wir dachten, die Erde bebt. Instinktiv spritzten wir alle auseinander und suchten jeder für sich einen Unterschlupf, so als wollten wir in das Unglück der andern nicht mit hineingerissen werden. Als es vorbei war, stellten wir fest, daß wir verschüttet waren. Überraschend viele von uns hatten überlebt. Vom Ausmaß des Unglücks und davon, wie es oben, über unsern Köpfen, aussah, hatten wir natürlich keine Ahnung.

Ich weiß nicht, was schlimmer war: die unzähligen Versuche, uns zu befreien, oder die ebenso zahlreichen Bemühungen eines jeden von uns, die Oberhand zu gewinnen, das Überleben auf Kosten der andern zu sichern – oder ganz einfach die tägliche Lebensnot. Etliche starben, die das Unglück noch unverletzt überstanden hatten. Es kam zu Auseinandersetzungen und Streitigkeiten, zu Ausbrüchen von Wahnsinn und Gewalt. Wer übrigblieb, kam allmählich um. Zu trinken hatten wir wenig. Wir bekamen zwar Gliederreißen von der Feuchtigkeit, aber wir waren immer durstig. Wir ernährten uns im wesentlichen von Ratten. Sie waren nicht zahlreich, aber es gab sie. Das war eine Angst, wenn wir eine gefangen hatten: war sie schon krank, vergiftet? Überall lag das Rattengift herum. Wir hätten einen Vorkoster gebraucht, einen Sklaven. Zögernd aßen wir den ersten Bissen und wurden, während wir noch auf die Wirkung warten wollten, vom Hunger überwältigt und verschlangen die Beute auf einmal. Die Krämpfe stellten sich so regelmäßig ein, als wenn jede Ratte vergiftet gewesen wäre. Aber allmählich stellten wir fest, daß nicht viel dahinter war. Nicht viel, das hieß Abscheu vor der ekligen Speise, die Revolte des ausgehungerten Magens oder ganz einfach Erschöpfung – und auch daran konnte man sterben. Etliche starben daran, oder sie hatten sich tatsächlich vergiftet. Wir übrigen stumpften ab, fraßen die Ratten voller Ekel, aber ohne Angst. Wir machten uns sogar über das Rattengift her; verschimmelte Haferflocken mit Gift untermischt. Wir trennten die Haferflocken von den braunen Körnern und aßen sie auf. Man kann sagen, daß wir uns systematisch vergifteten.

Zwischen den übereinandergestürzten Blöcken zogen sie uns schließlich heraus. Hochrufe wurden laut, als wir ins Freie taumelten, Hochrufe auch auf die Suchmannschaft, die sich wochenlang, nachdem wir aufgegeben worden waren, erneut an die Arbeit gemacht hatte. Wo keine Leiche ist, hatten sie gesagt, da ist noch Hoffnung. Und sie hatten wieder angefangen zu graben.

Gerettet! verkündete am nächsten Morgen die Schlagzeile des Stadtanzeigers in schwarzen Lettern. Von der Zähigkeit unseres Überlebenswillens wurde berichtet, vom Heldenmut unserer Retter, die sich der allgemeinen Resignation entgegengestemmt hatten. Offenbar hatte das Unglück beträchtliche Ausmaße gehabt. Aber teils war die Erinnerung schon abgeblaßt, teils war man sich einig, daß es noch viel schlimmer hätte ausgehen können.

Gerettet, sagte ich zu dem Kameraden, der mit mir durch die erleuchteten Straßen schlenderte, und sah ihn nicht an. Der Abend war hell und schön. Wir brachten es nicht fertig, nach Hause zu gehen.

Die meisten Leute hielten ein Eis mit einem dicken Schokoladenüberzug in der Hand, wie es jetzt Mode war, und darunter ein dunkelbraunes, knuspriges Hörnchen.

Ich möchte auch eins, sagte mein Kamerad und klimperte mit dem Geld, das sie uns beim offiziellen Empfang zugesteckt hatten. Er hatte noch nicht einmal daran geleckt, da warf er es in den nächsten Abfallkorb, verdrückte sich in eine Seitenstraße und erbrach sich. Ich ging ihm nicht nach. Wir hatten uns das Mitleid abgewöhnt und ließen einander in Ruhe.

Eine Gruppe Betrunkener stolperte aus dem Lokal und verbreitete den heißen Geruch von Alkohol. Einen Moment schwankte ich, ob ich hineingehen sollte. Aber ehe ich noch das Zögern überwunden hatte, war die fatale Verbindung zwischen dem Geruch und dem Solarplexus schon hergestellt. Ein heftiger Schwindel befiel mich. Der Krampf preßte meine Verdauungsorgane zusammen. Als ich merkte, daß ich immer noch neben der Kneipe stand, und zwar aufrecht, ermannte ich mich. Ich sagte zu mir: So schnell stirbst du nicht. Nur dein Magen rebelliert. Die Beine können noch laufen. Los, lauf!

Ich lief. Irgendwo neben mir mein Kamerad. Mit einer Kopfbewegung dirigierte ich ihn aus dem belebten Zentrum voller unerträglicher Geräusche und Gerüche, und wir erreichten das freie Feld. Wir setzten uns an den Wegrand, atmeten das vom frühen Tau duftende Gras und sahen auf den Mond, der hinter den flüchtig vor ihm herziehenden Wolken am Himmel hinaufglitt. Rechts von mir begann die Vorstadt: kleine Häuser mit gepflegten Vorgärten, in denen ausgesuchte Rosen dufteten. Links in einiger Ferne, aber für unsere vom Unglück geschärften Sinne erkennbar, lag der Geröllhaufen, unter dem man uns hervorgezogen hatte, uns zwei und die andern.

Gerettet, sagte mein Kamerad und sah mich nicht an. Wir wußten, so, wie wir gelebt hatten, konnte von Rettung nicht die Rede sein. Was hinter uns lag, das steckte in uns. Da half kein Röntgenbild, kein medizinischer Befund. Das tödliche Limit war erreicht, nur die Wirkung war noch nicht erkennbar. Wir jammerten nicht, aber insgeheim fragten wir uns: Wieviel Gift verträgt ein Mensch, ohne daß er daran stirbt? Und wann, wenn es schließlich soweit ist, hört er auf, an den Folgen der alten Vergiftung gestorben zu sein? Ab wann hat er wieder eine Chance, einen richtigen Tod, einen Unfall-, Herz-, Krebs-, Kriegstod, zu sterben? Von wann an ist er wieder ein normaler Mensch?

An einem der nächsten Tage suchte ich meine Mutter auf. Sie wohnte abseits in einem kleinen Ort, war schon seit Jahren gelähmt und hatte unserem Empfang daher nicht beiwohnen können. Ich schob sie in ihrem Rollstuhl auf die Terrasse und hockte mich auf die Brüstung. Angelegentlich sah ich auf meine Füße, die in neuen, hellen Turnschuhen steckten. Man hatte uns nach unserer Rettung ausstaffiert. Die weichen, glänzenden Stoffe waren in Mode. Sie schmiegten sich an und schlotterten nicht. Kranken, vom Tod Gezeichneten, standen sie gut. Wir waren ja längst wie die Schaufensterpuppen, mit markanten, überdeutlichen Zügen, Fingern, die in ihrer mageren Länge in keinem Verhältnis zur Handfläche standen, und einem Oberkörper, der erst durch das blusig fallende Hemd etwas Menschliches bekam. Wahrhaftig, uns sahen die Mädchen nach. Aber sahen wir sie an, sahen sie weg.

Ich spürte, wie meine Mutter mich ansah. Sie versuchte zu erraten, was mir fehlte. Sie war alt geworden, und ihr Kopf funktionierte nicht mehr gut. Ich schwieg und wartete, ob sie es erriet.

Du bist wieder da, sagte sie schließlich mit ihrer schleppenden Stimme. Ich riskierte jetzt doch einen Blick. Ich wollte wissen, ob sie etwas merkte. Schließlich war sie sehr krank gewesen, hatte dem Tod ins Auge gesehen, mit Schwerkranken zusammengelebt. Sie mußte wissen, wie man aussah, wenn man sich nicht mehr erholte.

Mutters Lähmung vor ein paar Jahren waren halbseitig gewesen. Die eine Hälfte des Gesichts war seitdem starr, glatt, aufgedunsen. Die andere Seite war eigentlich intakt, wovon aber keine Rede sein konnte, da man sie immer nur im Zusammenhang mit der anderen Seite sah. Ihre Mimik war entsprechend eingeschränkt. Meist machte sie einen gleichmütigen, starken, etwas unbeweglichen Eindruck.

Auch jetzt regte sich nichts in ihrem von der Lähmung seltsam verschobenen Gesicht. Aber plötzlich rollte eine helle, durchsichtige Träne über die aufgedunsene Backe und machte Anstalten, auf die Bluse zu fallen. Das ging rasch und geschah ganz ausdruckslos, da das Gesicht nicht mitweinte. Hätte es auf ihrer Brust nicht einen kleinen nassen Fleck gegeben, ich hätte schon im nächsten Augenblick nicht mehr an die Träne geglaubt.

Ich weiß nicht, ob sie überhaupt merkte, daß sie weinte. Jedenfalls machte sie sich nicht die Mühe, das Gesicht abzuwischen. Sie schämte sich nicht, sie war nicht ärgerlich. Vielleicht merkte sie nichts. Sie saß einfach nur da und ließ die Träne kullern.

Du bist wieder da, sagte sie noch einmal in ihrer verlangsamten Art. Mit der gesunden Hand strich sie mir über den Kopf.

Ich spürte ein scharfes Brennen im Hals, kauerte mich zusammen und schluckte. In Sekundenschnelle hatte ich mir klargemacht, daß sie meine Mutter war und daß sie mir nicht helfen konnte, trotz ihrer zarten, pergamentenen Hände.

Im Prinzip hätten wir jeder bei sich zu Hause schlafen können, aber abends fanden wir uns wie auf Verabredung zusammen. Wir logierten immer noch in dem Krankenhaus, in das sie uns nach unserer Rettung eingewiesen hatten, saßen stundenlang auf den Betten und fanden keinen Schlaf. Morgens sahen wir an den beredten Blicken der ausländischen Putzfrauen, daß unser Verfall voranschritt. Nach den Laboruntersuchungen strebten wir hastig auseinander, jagten den verschiedensten Beschäftigungen nach. Am meisten Schwierigkeiten machte uns das Essen. Als wir noch verschüttet waren, hatten wir von Speisen geträumt, daß der Duft uns in die Nase stieg. Da war uns von den lieblichen Gerüchen, von der Vorstellung des Essens nie übel geworden. War es der Realismus des Magens gewesen, daß er wußte, es hatte keine Gefahr? Jetzt verursachte uns schon der bloße Gedanke an diese Genüsse herzbrechende Übelkeit. Gleichzeitig blieb uns der Duft in der Nase. Ich hätte mein Leben gegeben, einmal essen zu können, wovon ich immer noch träumte, und ohne daß mir schlecht wurde.

Abends trafen wir ein, setzten uns auf das Bett und warteten, daß es spät würde. Es war nicht so, daß wir gern zusammen waren, und schon gar nicht waren wir eine verschworene Gemeinschaft. Zwar war es erleichternd, sich nicht zusammennehmen zu müssen, obwohl von Gehenlassen nicht die Rede sein konnte. Andererseits fand ich es unangenehm, in so viele kranke Gesichter zu blicken. Keineswegs hatten wir Mitgefühl füreinander. Wir kannten das zu gut, woran wir litten, jeder von uns, um noch Verständnis zu haben. Und wir hatten uns nichts zu sagen. Früher hätte ich es nicht für möglich gehalten, daß man aus einem Unglück nichts lernt. Daß man so gar keine Erkenntnis daraus gewinnt, so gar keine Lehre. Aber genauso war es. Weder lebten wir inniger zusammen, noch sahen wir gemeinsam mit veränderten Augen auf das Leben um uns. Wir waren ausgestoßen, das merkten wir am Tage, und das trieb uns abends wieder zusammen. Aber weder kümmerten wir uns deswegen mehr umeinander, noch gelangten wir zu irgendeinem Urteil über die andern. Nie wären wir auf die Idee gekommen, sie zu kritisieren.

Dabei gingen wir nicht blind durch den Tag, natürlich nicht. Wir sahen manches, was uns kränkte – sonst wären wir ja abends nicht zurückgekommen. Und wir sahen manches, was uns bis in den Schlafsaal, bis in unsere unruhigen Träume hinein verfolgte. Da wir nicht mehr Herr waren über das, was mit uns geschah, waren wir den verschiedenartigsten Eindrücken vollkommen hilflos ausgeliefert. Wir waren ohnmächtig, und wir verstanden nichts. Wir sahen zum Schluß nur noch die Bilder. Und so gleichgültig sie uns in der Mehrzahl der Fälle ließen, da es eben nur Bilder waren, eine gleichgültige Reihe sich abwechselnder Impressionen, so unvorbereitet, verhängnisvoll traf es uns, wenn diese Bilder plötzlich bis zu uns durchdrangen und wir zugeben mußten: Das ist es, das hätte ich auch gern gewollt!

Das geschah mit einer Szene aus einem Fußballspiel, die in vielfacher Wiederholung gezeigt wurde. Nach einem Tor fiel sich die Mannschaft um den Hals. Sie sprangen förmlich an dem glücklichen Schützen hinauf und zerstrubbelten ihm das Haar in brüderlichem, zärtlichem Übermut. Immer wieder sah ich es vor mir, wie sie ihm das Haar zerstrubbelt hatten, und es tat mir weh. Mit baumelnden Beinen saß ich auf meinem Bett, starrte in die hohlen Gesichter ringsum und wich den Blicken aus. Wieder sah ich, wie sie auf ihn zugesprungen waren, die Mannschaft auf ihren glücklichen Helden. Sie waren ihm förmlich auf die Hüfte gesprungen, einer von vorn, einer von hinten. Mit ihren Beinen hatten sie sich an ihm festgeklammert, daß er wankte, und dabei hatten sie den Schwung der Anprallenden balanciert. Sie hatten ihn umhalst und ihm mit beiden Händen das Haar zerstrubbelt. Immer wieder sah ich das, wie sie auf ihn zusprangen und ihn zausten.

Ich betrachtete meine Kameraden. Die meisten hockten auf ihrem Bett. Das eilige Umhergehen, das rettungsuchende, rastlose Umhergehen, hatten wir uns abgewöhnt. Wir konnten stundenlang sitzen. Für einen Fremden wären wir kein uninteressanter Anblick gewesen, im Gegenteil: so viele Männer in einem Schlafsaal und so wenig Unordnung, Verwahrlosung, Männergeruch! Ich war kein Fremder, und mir ging es anders. Ich kannte jeden einzelnen von meinen Kameraden so gut wie mich selbst. Wir hatten zusammen überlebt. Wir hatten uns gestritten. Wir hatten uns alles erzählt. Wir hatten alles mitangesehen. Jetzt saßen wir uns gegenüber, verzweifelt, zergrübelt, stumm, die Streichholzbeinchen baumelnd in den feinen Stoffen, die knochigen Finger in die Schaumstoffmatratzen gestemmt. Ich sah sie an und wußte, das waren meine Kameraden. Aber nie im Leben wäre ich auf sie zugegangen oder hätte sie gar mit einer großen Bewegung zusammengeholt. Und schon gar nicht wäre ich an ihnen hinaufgesprungen und hätte ihnen mit beiden Händen das schüttere Haar zerstrubbelt. Nie im Leben hätte ich so etwas gemacht. Nicht ums Verrecken.


 ← Zurück |  → Weiter

Zum Inhaltsverzeichnis

Quelle: http://www.ilsebindseil.de/txt/txt27.html.

Zur Textübersicht

© 1988 Alle Rechte für diesen Text vorbehalten. Jegliche unautorisierte Nutzung ist untersagt. Autorisierung bedarf der Schriftform. Möchten Sie etwas nutzen oder fühlen Sie sich in Ihren Rechten verletzt, treten Sie bitte mit mir in Kontakt.